27
Okt
Keine ruhige Minute
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Keine ruhige Minute
Wenn der Zwang zur ständigen Erreichbarkeit zu groß wird
Carmen ist beruflich gefragt, sie arbeitet als Eventmanagerin einer großen Agentur und organisiert verantwortlich Firmenevents für Launches von neuen Produkten oder Messen. Sie ist nicht nur ständig unterwegs, im In- und Ausland, sie ist auch ständig „on“. Für ihre Kunden muss sie eben immer erreichbar sein, die warten nicht gerne, wenn sie eine Frage oder einen Wunsch haben. Daneben kommen viele Businesslunches und abendliche Geschäftsessen hinzu. Für Freunde hat Carmen längst keine Zeit mehr, dafür hat sie über 500 Kontakte in Facebook und twittert regelmäßig, damit ihre Freunde wenigstens wissen, was sie gerade macht.
Morgens beginnt Carmen schon im Bett mit ihrem Smartphone ihren Tag, sich per Facebook auf den neuesten Stand ihrer Bekannten zu bringen. Das gibt ihr das Gefühl, nichts zu verpassen und mit alten Freunden verbunden zu sein, auch wenn sie schon ewig nicht mehr mit ihnen telefoniert oder sie getroffen hat. Danach ruft sie ihre Mails ab. Ihr Chef lebt einen großen Teil des Jahres in den USA und kippt ihr die Aufträge per Mail ein, wenn es in Deutschland nachts ist. Carmen hat dann bis ungefähr drei Uhr nachmittags Zeit, erste Rückmeldungen zu geben, wenn ihr Chef in den USA aufsteht.
Als vor einigen Jahren Carmen in ihrem Bekanntenkreis eine der ersten war, die beruflich mit Smartphone und Notebook ausgestattet wurden, war sie stolz. Dann ging sie noch mit Bekannten aus, musste aber ständig die Anrufe oder Nachrichten beantworten, um die Kunden oder ihren Chef zufrieden zu stellen. Mit der Zeit wurden die Einladungen weniger und Carmen verbrachte diese allein in Hotels oder verabredete sich gleich mit den Kunden.
In letzter Zeit kann Carmen schlecht schlafen. Oft grübelt sie noch nach und kann erst einschlafen, wenn sie zuvor mehrmals ihre sozialen Netzwerke und Mails gecheckt hat. In der Nacht wacht sie oftmals auf und hat Panik, etwas zu vergessen. Der Schlafmangel führt dazu, dass sie tagsüber oftmals gereizt ist. Das macht sie unsicher und erhöht den Zwang, jede freie Minute zu nutzen, um Mails oder Nachrichten zu kontrollieren.
Carmens Chef Rick freut sich sehr übers Carmens Engagement, er weiß, dass er sein Leben in den USA genießen kann und nah am beruflichen Geschehen ist, weil er jeden Tag innerhalb weniger Stunden Rückmeldung über die laufenden Geschäfte bekommt. Was Rick nicht weiß, dass die ständige Erreichbarkeit Carmen inzwischen krank macht. Ihm ist nur aufgefallen, dass Carmen in letzter Zeit manchmal gereizt reagiert. Er vermutete persönliche Probleme dahinter.
Kann Carmen diesem Kreislauf entkommen?
Die heutige Zeit verlangt zwar in der Tat, unverzüglich auf Kundenwünsche zu reagieren und schnell zu liefern. Jedoch auch heute hat die Arbeitszeit ihre Grenzen, körperliche Erholung und Entspannung ist für jeden Menschen wichtig. Die elektronische Mobilität mit Smartphones und Notebooks hat dazu geführt, die Büros schleichend in die Freizeit der Menschen zu tragen. Und die Menschen, die in Berufen arbeiten, die mit Anerkennung und Status verbunden sind, haben verlernt, sich abzugrenzen. Da die Grenzen nicht mehr mit Arbeitsorten verbunden sind, ist es schwerer, die räumlichen und zeitlichen Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit zu ziehen. Ist es schlimm, mal ein paar Minuten eine Mail zu lesen und zu beantworten? Sicher nicht, aber wenn daraus mehrmals täglich außerhalb der regulären Arbeitszeit mehrere Mails werden, dann sicher schon.
Carmen hat sich ein paar Tage Urlaub genommen und sich in einem kleinen Kloster im Schwarzwald eingebucht. Ihr Smartphone hat sie ausgeschaltet und beim Abt abgegeben. Es muss auch einmal ohne sie gehen. Immerhin ein Anfang. Nach zwei Nächten hat Carmen endlich mal wieder durchgeschlafen.
Elektronische Mobilität macht viele Arbeitsprozesse flexibler, zeitgerechter und näher, jedoch die Grenze zur Nomophobie ist fließend, Abgrenzungen verschwimmen und werden erst dann wahrgenommen, wenn der Arbeitsalltag in die Freizeit einmarschiert ist. Dann hilft auch hier nur der Entzug, wie bei anderen suchtgeprägten Krankheiten auch.
Passen Sie auf sich auf! Ihre Isabell C. Krone
Wenn der Zwang zur ständigen Erreichbarkeit zu groß wird
Carmen ist beruflich gefragt, sie arbeitet als Eventmanagerin einer großen Agentur und organisiert verantwortlich Firmenevents für Launches von neuen Produkten oder Messen. Sie ist nicht nur ständig unterwegs, im In- und Ausland, sie ist auch ständig „on“. Für ihre Kunden muss sie eben immer erreichbar sein, die warten nicht gerne, wenn sie eine Frage oder einen Wunsch haben. Daneben kommen viele Businesslunches und abendliche Geschäftsessen hinzu. Für Freunde hat Carmen längst keine Zeit mehr, dafür hat sie über 500 Kontakte in Facebook und twittert regelmäßig, damit ihre Freunde wenigstens wissen, was sie gerade macht.
Morgens beginnt Carmen schon im Bett mit ihrem Smartphone ihren Tag, sich per Facebook auf den neuesten Stand ihrer Bekannten zu bringen. Das gibt ihr das Gefühl, nichts zu verpassen und mit alten Freunden verbunden zu sein, auch wenn sie schon ewig nicht mehr mit ihnen telefoniert oder sie getroffen hat. Danach ruft sie ihre Mails ab. Ihr Chef lebt einen großen Teil des Jahres in den USA und kippt ihr die Aufträge per Mail ein, wenn es in Deutschland nachts ist. Carmen hat dann bis ungefähr drei Uhr nachmittags Zeit, erste Rückmeldungen zu geben, wenn ihr Chef in den USA aufsteht.
Als vor einigen Jahren Carmen in ihrem Bekanntenkreis eine der ersten war, die beruflich mit Smartphone und Notebook ausgestattet wurden, war sie stolz. Dann ging sie noch mit Bekannten aus, musste aber ständig die Anrufe oder Nachrichten beantworten, um die Kunden oder ihren Chef zufrieden zu stellen. Mit der Zeit wurden die Einladungen weniger und Carmen verbrachte diese allein in Hotels oder verabredete sich gleich mit den Kunden.
In letzter Zeit kann Carmen schlecht schlafen. Oft grübelt sie noch nach und kann erst einschlafen, wenn sie zuvor mehrmals ihre sozialen Netzwerke und Mails gecheckt hat. In der Nacht wacht sie oftmals auf und hat Panik, etwas zu vergessen. Der Schlafmangel führt dazu, dass sie tagsüber oftmals gereizt ist. Das macht sie unsicher und erhöht den Zwang, jede freie Minute zu nutzen, um Mails oder Nachrichten zu kontrollieren.
Carmens Chef Rick freut sich sehr übers Carmens Engagement, er weiß, dass er sein Leben in den USA genießen kann und nah am beruflichen Geschehen ist, weil er jeden Tag innerhalb weniger Stunden Rückmeldung über die laufenden Geschäfte bekommt. Was Rick nicht weiß, dass die ständige Erreichbarkeit Carmen inzwischen krank macht. Ihm ist nur aufgefallen, dass Carmen in letzter Zeit manchmal gereizt reagiert. Er vermutete persönliche Probleme dahinter.
Kann Carmen diesem Kreislauf entkommen?
Die heutige Zeit verlangt zwar in der Tat, unverzüglich auf Kundenwünsche zu reagieren und schnell zu liefern. Jedoch auch heute hat die Arbeitszeit ihre Grenzen, körperliche Erholung und Entspannung ist für jeden Menschen wichtig. Die elektronische Mobilität mit Smartphones und Notebooks hat dazu geführt, die Büros schleichend in die Freizeit der Menschen zu tragen. Und die Menschen, die in Berufen arbeiten, die mit Anerkennung und Status verbunden sind, haben verlernt, sich abzugrenzen. Da die Grenzen nicht mehr mit Arbeitsorten verbunden sind, ist es schwerer, die räumlichen und zeitlichen Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit zu ziehen. Ist es schlimm, mal ein paar Minuten eine Mail zu lesen und zu beantworten? Sicher nicht, aber wenn daraus mehrmals täglich außerhalb der regulären Arbeitszeit mehrere Mails werden, dann sicher schon.
Carmen hat sich ein paar Tage Urlaub genommen und sich in einem kleinen Kloster im Schwarzwald eingebucht. Ihr Smartphone hat sie ausgeschaltet und beim Abt abgegeben. Es muss auch einmal ohne sie gehen. Immerhin ein Anfang. Nach zwei Nächten hat Carmen endlich mal wieder durchgeschlafen.
Elektronische Mobilität macht viele Arbeitsprozesse flexibler, zeitgerechter und näher, jedoch die Grenze zur Nomophobie ist fließend, Abgrenzungen verschwimmen und werden erst dann wahrgenommen, wenn der Arbeitsalltag in die Freizeit einmarschiert ist. Dann hilft auch hier nur der Entzug, wie bei anderen suchtgeprägten Krankheiten auch.
Passen Sie auf sich auf! Ihre Isabell C. Krone